DO 21. Januar 2021 20:00

Systemsprenger

Steckbrief

Regie: Nora Fingscheidt
Drehbuch: Peter Hartwig, Jonas Weydemann,
Jakob D. Weydemann
Erscheinungsdatum: 19. September 2019
Genre: Drama
Besetzung: Helena Zengel, Albrecht Abraham Schuch, Gabriela Maria Schmeide

Beschreibung

Benni ist neun Jahre alt und muss immer wieder zu neuen Pflegefamilien. Sie vergrault jede Einzelne. Sie will nur zu ihrer Mutter. Doch ihre Mutter fürchtet sich vor ihr und hat sie abgegeben. Das System ist damit überfordert.

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„Wenn die Profis noch nicht mal mit ihr klarkommen, wie soll ich das dann schaffen?“

Der Begriff „Systemsprenger“ ist sehr ausdrucksstark und bezieht sich in erster Linie auf ein  komplexes Problem der Sozialsysteme. Vor allem Personen, die unter schwierigen Verhältnissen, wie  zum Beispiel in Heimen, aufgewachsen sind und in ihrer Kindheit Deprivation, Hospitalismus oder  Gewalterfahrungen erfahren mussten, sind gefährdet zu „Systemsprengern“ zu werden.
Diese Rolle  nimmt Benni in dem Film ein. Die neunjährige gilt als schwerst erziehbar und bringt die Jugendhilfe  an ihre Grenzen.  Bereits in einer der ersten Szenen sieht der Zuschauer, wie eine kleine Provokation Benni zum  ausrasten bringt. Ihr Erzieher hat sie nicht unter Kontrolle und sperrt sie schließlich auf dem Hof aus.  Dort soll sie sich beruhigen. Doch genau das Gegenteil tritt ein: Benni wirft ein Bobby Car mit solcher  Wucht gegen ein Fenster, dass die Scheibe aus Sicherheitsglas zerspringt. Benni's größter Wunsch ist es, wieder bei ihrer Mutter zu wohnen. Doch diese hat Angst vor ihrer  eigenen Tochter und muss sich nebenbei noch um ihre zwei anderen Kinder kümmern. So pendelt  Benni zwischen verschiedenen Wohngruppen und stationären Aufenthalten.

Schließlich engagiert das  Jugendamt den Anti-Aggressions-Trainer Micha für Benni, der sie auf dem Weg in die Schule  begleiten soll. Dieser verbringt nach eigenem Vorschlag schließlich drei Wochen mit Benni im Wald.  Obwohl Micha dabei an seine Grenzen stößt, findet er Zugang zu Benni. Dann droht er jedoch die  nötige Distanz zu verlieren, denn Benni möchte bei ihm bleiben. Doch Micha hat seine eigene Familie. Ein Hoffnungsschimmer für Benni folgt: Ihre Mutter verspricht, dass sie schon bald wieder bei ihr  wohnen kann. Das schlimmste, was einem Kind wie Benni passieren kann, ist dass ein Versprechen  nicht gehalten wird. Doch genau das passiert. Bennis Trauma verfestigt sich. 

Obwohl Bennis Situation hoffnungslos erscheint, stellt der Film die Hauptfigur nicht als Monster dar.  Ebenso wenig verurteilt er die Hilflosigkeit der Jugendhilfe. Ein wichtiges Thema wird in  „Systemsprenger“ realistisch und facettenreich dargestellt.

Mehr Zum thema

Kinder und Jugendliche mit extremen Verhaltensauffälligkeiten bringen Schulen häufig an  ihre Grenzen. Peter Friedsam, Sonderpädagoge und Leiter des Regionalen Bildungs- und  Beratungszentrums Hamburg-Bergedorf, erklärt in einem Interview mit dem Deutschen  Schulportal, wie der Umgang mit „Systemsprengern“ gelingen kann: Hier ansehen

Hintergründe zum Film (Mit Prof. Dr. Menno Baumann, Professor für Intensivpädagogik,  Fliedner-Fachhochschule Düsseldorf): Hier ansehen

Interview mit Regisseurin Nora Fingscheidt zum Film: Hier ansehen

Reportage „7 Tage…unter ‚Systemsprengern‘“ von Anne-Katrin Eutin und Felix Leichum im  Hessischen Rundfunk:
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